Coe, Jonathan
Wie ich mich einmal bereit erklärte, auf einem Krimifestival aufzutreten (warum bloß? Ich schreibe gar keine Krimis), und zur gleichen Zeit wie Colin Dexter lesen sollte, so dass mein Publikum aus genau einer Person bestand. „Ich bin wirklich froh, dass Sie gekommen sind“, sagte ich zu dem freundlichen Besucher, nachdem wir zwanzig Minuten geplaudert hatten. „Stellen Sie sich vor, wie schrecklich es gewesen wäre, wen gar niemand gekommen wäre.“ „Ehrlich gesagt“, gestand der andere, „bin ich derjenige, der Sie hätte vorstellen sollen.“ (Es war Ian Rankin.) (...) Wie ich einmal and einer Podiumsdiskussion des französischen Fernsehens teilnahm, die Aufnahmezeit überschritten wurde und ich, da ich den letzten Eurostar nach London kriegen mußte, panisch zum Aufnahmeleiter hinübergestikulierte. Der kam auch, bat mich aber, das Studio unauffällig zu verlassen, so dass ich, um den Kameras zu entgehen, vor den Augen des Studiopublikums auf allen vieren hinauskrabbeln mußte und dabei dachte: „Julian Barnes passiert so etwas garantiert nie.“ (...) Schmachvolle Momente bei Signierstunden: die Frau, die in Brighton einen meiner Romane zu Hand nahm, die Biografie des Autors las (eine ganz prosaische Auflistung meiner bisherigen Bücher), mit gerümpfter Nase fragte: „Deshalb sind Sie bekannt?“ und, als ich Ja sagte, das Buch wieder auf den Stapel zurücklegte. Oder die Studentin (ebenfalls in Brigthon), die mich liebenswürdig ansprach: „Dürfte ich Sie mal was fragen?“ und, als ich Ja sagte, forsch wissen wollte: „Warum sind Ihre weiblichen Figuren bloß alle Scheiße?“
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