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Denn ich gebe mir um so mehr Mühe, je unsicherer ich bin. Die besten Kritiker sind aber Achtung vor den Zuhörern, Schamgefühl und Angst.

Plinius der Jüngere

Animationen zum Buch?
Potentiale und Mißverständnisse im Umgang mit Lesungen

Autoren arbeiten lange an ihren Texten. Für die Präsentation ihrer Texte vor Publikum jedoch, für die Lesung, wird kaum ein adäquater Aufwand an Kreativität, Gestaltungs- und Erkenntniswillen betrieben, weder seitens der Veranstalter, noch seitens der Kritik und der Literaturwissenschaft. Wie könnte ein angemessenes, literarisches Verständnis von Lesungen aussehen? Die Homepage Lesungslabor.de sammelt Beiträge zu diesen Aspekten und Fragen.
Sie ist eine offene, nichtkommerzielle Wissensbank zur Kunstform der Literarischen Lesung, die hier verstanden wird als eine einzigartige Möglichkeit der Erfahrungs-Bildung, wobei beide Bestandteile dieses Begriffes gleichermaßen betont sein sollen: Erfahrung der Literatur, ihrer Potentiale, eines beispielhaften Sprechens über kulturelle Gegenstände, das nicht nur positives Wissen vermittelt, sondern auch strukturell bildet, indem es die Formen der künstlerisch gestalteten Sprache und des offenen Dialoges vorführt.
Gastbeiträge, Hinweise auf Literatur, Anregungen und Kritik sind sehr willkommen. Gerne informieren wir Sie mit einem Newsletter über neue Beiträge.



Die Lesung – ein Phänomen des Literaturbetriebes?


Das Ausbleiben einer Beschäftigung mit der Autorenlesung wird oft damit begründet, daß es sich um ein Phänomen des Literaturbetriebes handle und dieser Aufblähung des Sekundären nicht allzuviel Beachtung geschenkt werden dürfe. Wäre diese Beschreibung gültig, bliebe verwunderlich, daß viele derjenigen, die gegen Lesungen polemisieren, immer wieder als Autoren, Moderatoren und Gesprächspartner bei Lesungen anzutreffen sind. Klammert man die sicher nicht unbedeutenden finanziellen Motive aus, so scheinen diese lesungskritischen Lesungsakteure trotz allem in öffentlichen Veranstaltungen einen Resonanzraum zu sehen, in dem die Möglichkeit besteht, Ergebnisse des Schreibens wie der Forschung, Ansichten, Lesarten einem Publikum vorzustellen, das viel direkter darauf reagieren kann als die abstraktere Öffentlichkeit der Zeitungsleser oder Wissenschaftskollegen. Da das Publikum von Lesungen stets gemischt ist und vom Erstbesucher bis zur Expertin jede Art von Leser umfassen kann, sind die Ansprüche an die Vermittlung hoch, ist die Lesung bzw. der öffentliche Vortrag der demokratische Ort der Literaturvermittlung schlechthin – ein Begriff, der später noch zu füllen sein wird.
Vernachlässigt, beziehungsweise wenig komplex dargestellt werden Lesungen zunächst in der feuilletonistischen Berichterstattung. Es fehlt außerdem an einer Geschichte der Lesung (siehe Fußnote 1). Diese könnte vieles leisten. Sie wäre eine Inspirationsquelle für die Gestaltung heutiger Lesungen, indem sie verdeutlichte: Alle Elemente der Lesung sind historisch kontextuiert, befragbar, zu verändern.
Die mangelnde historische, wissenschaftliche (FN2), feuilletonistische Auseinandersetzung mit der Lesung hat nicht nur zum Klischee der bildungsbürgerlichen Pflichtveranstaltung geführt, sondern auch zum Fehlen jeglicher Maßstäbe des Gelingens von Literaturvermittlung durch Lesungen (FN3). Wo Maßstäbe, wo ein tiefergehendes Verständnis für die Geschichte, das Potential, die Gestaltung von Lesungen fehlen, bleibt auch die Kritik an Veranstaltungen immer nur punktuell, hat keine nachhaltige Wirkung. Und so gehen die schlechten Veranstaltungen immer weiter – entgegen den kulturellen und letztlich auch wirtschaftlichen Interessen aller Beteiligten (FN4).



Veranstalter sind Autoren von Lesungen


Gründe für den schlechten Standard von Lesungen gibt es viele. Der wichtigste: Es fehlt an einem avancierten, der Literatur angemessenen Verständnis der Lesung (FN5). Ein Verständnis, von dem nicht nur das Gelingen der Lesung, sondern auch die begleitenden Maßnahmen abhängen.
Ein solches, avanciertes Verständnis der Lesung wäre »literarisch« zu nennen, weil dieser Begriff alles enthält, worauf es bei der Lesung ankommt: sprachlichen Gestaltungswillen, Kreativität, Klang und Musikalität, (literarische) Fachkenntnis, Psychologie – gebündelt in einem grundlegenden Erkenntnisinteresse. Wobei dieses Erkenntnisinteresse nicht mit dem Bedürfnis des Publikums nach »Botschaften«, politischen Aussagen, Lebensweisheiten zu verwechseln ist (FN6). Lesungen sollten zuallererst – durchaus mit einem pädagogischen Impetus – auf den Eigenwert der Literatur bedacht sein und anstreben, eine sowohl ästhetische wie intellektuelle Erfahrung zu ermöglichen.
Ziel der Veranstalter muß es sein, einen Rahmen zu schaffen, in dem die »Innere Musik« der Autoren zum Erklingen gebracht wird, um einen Begriff des Lyrikers Ted Hughes für das »Zusammenspiel psychologischer Komponenten« zwischen Mensch und Wort, Autor und Text, Körper und Klang zu gebrauchen (FN7). Diese Vorstellung der »Inneren Musik« ist nicht als Form von Geniekult mißzuverstehen, der im übrigen mit den nachfolgend skizzierten, intellektuellen Ansprüchen an die Lesung nicht in Einklang zu bringen wäre. Allerdings gibt es in Deutschland – aus gegebenem historischen Anlaß – eine Scheu, über das auratische Moment der Begegnung mit charismatischen Persönlichkeiten zu sprechen. Die Begegnung mit beeindruckenden Autoren kann vermitteln, welche existentielle Bedeutung Literatur hat, welche Ansprüche die Literatur stellt.
Die Besucher setzen sich zur »Inneren Musik« einer Autorin oder eines Autors ins Verhältnis. Um im Bild zu bleiben: Sie begreifen die eigenen Klänge, die eigenen Worte, den eigenen Körper und die eigene Biographie im Zusammenspiel. Sie können neue Töne hinzufügen, neue Ansprüche formulieren. Auf der intellektuellen Ebene8 ist von einer Lesung zu erwarten, daß die Autoren auf die Ästhetik der gelesenen Texte angesprochen werden, auf die sprachliche, erzählerische, lyrische Gestaltung – sprich: die literarische Behandlung ihres Themas, auf die Erkenntnisse, die sie bei der Arbeit an Text und Thema gewonnen haben.
Hier ist also erneut das bereits erwähnte Erkenntnisinteresse der Veranstalter gefragt. Aus der Kenntnis des Textes heraus müssen Situationen geschaffen werden, in denen diese Auskünfte zu erhalten sind. Das können die Veranstalter entweder selbst leisten oder indem sie einen Moderator oder einen anderen Gesprächspartner (Schriftsteller, Wissenschaftler, Journalist, etc.) bestellen. Es ist aber auch denkbar, die Autoren im Vorfeld mit einem Erkenntnisinteresse zu konfrontieren, so daß sie ihre Antworten schriftlich formulieren und zum Teil der Lesung machen können.

Es sei nochmals betont: Jedes Element der Lesung kann und muß gestaltet werden. Sowohl die Beiträge dieser Homepage wie auch die auf ihr enthaltenen Rubriken „Zettelkasten“ liefern so vielfältiges Anschauungsmaterial, daß ich auf Fallbeispiele verzichten kann, zumal diese konsequenterweise nur anhand konkreter Texte und deren Präsentation in Lesungen fruchtbar wären.


Erkenntnisinteresse erleichtert viele Schritte der Lesungsorganisation


Wenn die Organisation von Lesungen aus diesem literarischen Verständnis heraus betrieben wird, fallen viele Organisationsschritte leicht, z.B. Werbung und Pressearbeit für die Lesung, die auf der Basis einer klaren Vorstellung der Veranstaltung inhaltsreicher, prägnanter, attraktiver werden. Bei der Gestaltung der Abende lassen sich aus einem formulierten Erkenntnisinteresse die Begrüßung, die Einleitung und Führung eines Gespräches ergiebiger und sicherer bewerkstelligen. Vor allem aber kann der Kontakt mit den Autoren »auf Augenhöhe« stattfinden, was notwendig ist, weil es ihrer Kooperationsbereitschaft bedarf, um die Inszenierungsideen des Abends umzusetzen. In diesem Zusammenhang ist es immer wieder überraschend festzustellen, wie wenig Veranstalter im Vorfeld einer Lesung den Kontakt zu ihren Gästen suchen. In der Regel werden die Textstellen, die an einem Abend vorgelesen werden, kurz vor der Veranstaltung abgesprochen, wenn die Auswahl nicht sogar ganz den Autoren überlassen bleibt. Das ist pragmatisch, unaufwendig, beinhaltet aber ein hohes Risiko für das Gelingen der Lesung, weil z.B. nicht mehr zu gewährleisten ist, ob sich das Erkenntnisinteresse des Veranstalters, die behauptete Relevanz eines Buches, in den gelesenen Textstellen abbildet.
Viele der im Bereich "Autoren über Lesungen" gesammelten Zitate handeln davon, daß Lesungen schon im Vorfeld scheitern, weil die Autoren in verschiedener Hinsicht auf sich selbst gestellt sind, nicht wissen, was auf sie zukommt.


Zusammenarbeit mit Autoren


Nimmt der Veranstalter seine Rolle ernst, gehört die Autorenbetreuung vor der Lesung bereits zur Lesung: man lernt sich kennen, kann nochmals besprechen, was in der Veranstaltung möglich ist und was nicht. So beginnt das Gespräch über Literatur wie auch über den Ort und das Umfeld der Veranstaltung, über das, was den Gast erwartet. Zur Autorenbetreuung gehört ebenso, Gelegenheit zur Orientierung in der Stadt zu geben, sich durchaus als Reiseführer zu verstehen. So entstehen weitere Kontexte, Anknüpfungspunkte zwischen der Lesung und ihrem Schauplatz; die Lesung wird verortet, ist nicht eine beliebige, konturlose Station auf einer Lesereise.
Bei all diesen Vorbereitungen und Absprachen, geht es nicht um detaillierte Vorschriften oder Festlegungen, sondern einen Rahmen zu schaffen, eine Inszenierung. Aber nicht im Sinne des Theaters, »nicht Vorinszenierung bis zur abrufbaren Pose, die [man] jeden Abend wiederholen könnte«, so der Schriftsteller Michael Lentz. Nur ein solchermaßen gestalteter Rahmen lädt die Autoren zur Spontaneität ein. Die Lesung wird so unvorhersehbar wie eine gute Geschichte.
Ein literarisches Verständnis von Lesungen, wie ich es zu umreißen versucht habe, stellt hohe Ansprüche an deren Gestaltung. Ansprüche, die aus ihrem Gegenstand, der Literatur, abzuleiten sind. Wenn diese Ansprüche erst formuliert sind, ist viel gewonnen: eine ergiebige Ideenquelle, Selbstkontrolle und -bestätigung, Ansporn. Daß seitens vieler Autoren ein solches Verständnis von Lesungen als Kooperationsbasis begrüßt würde, zeigen die Beiträge dieser Internetseite.


Die Autoren und ihre Animation zum Buch


Vieles können Veranstalter leisten, fast alles steht und fällt mit den Autoren, bei denen genausooft wie bei den Veranstaltern ein mangelndes Verständnis für Lesungen anzutreffen ist. Das beginnt häufig mit dem wichtigsten: der Auswahl der Textstellen und ihres Vortrags. Viele Autoren besitzen nicht die stimmliche Fertigkeit, ihre Texte zu lesen. Dabei – das zeigen die Beiträge dieses Bandes über die Stimme und das Vorlesen – kommt es nicht darauf an, schauspielerische Fähigkeiten zu entwickeln, sondern die eigene Stimme zu finden, einen, wie der Schauspieler und Rezitator Bernt Hahn es nennt, »spontanen, authentischen Ausdruck«. Daß man, Hahn zufolge, durch beständiges eigenes Vorlesen und hörende Überprüfung zu diesem Ton gelangt, ist sicher richtig. Einige Stunden Sprechunterricht lassen die eigenen Fehler und Schwierigkeiten dennoch schneller erkennen. Eine Umfrage unter 25 deutschsprachigen Verlagen, die ich begleitend zur Arbeit an diesem Buch angestellt habe, ergab, daß kein Verlag seinen Autoren Stimm- oder Vorlesetraining anbietet, obwohl alle Verlage betonten, daß Lesungen für sie ein wichtiges Mittel des Buchmarketings sind.
Ebenso wie die Veranstalter müssen auch die Autoren Gestaltungswillen aufbringen, die Lesung im Detail planen. Hierbei ließen sich zum Beispiel die Verlagslektoren als Berater heranziehen, die mit den Texten ähnlich gut vertraut sind wie die Autoren und aus dieser Kenntnis heraus Vorschläge für die Auswahl geeigneter Passagen machen können. Darüber hinaus wissen die Lektoren aus den Gesprächen über die Texte, welches die Themen sind, über die die Autoren ergiebig und erhellend reden können. Kommt zu dieser Beratung und den stimmlichen Fähigkeiten noch das (literaturwissenschaftliche) Fachwissen, das zum vorzustellenden Buch gehört, sind Autoren die idealen Partner für Veranstalter mit einem literarischen Verständnis von Lesungen. Aber selbst wenn es Veranstaltern an diesem Verständnis mangelt, werden Autoren, die wissen, wie sie einen Text lesen und was sie über ihn sagen können und wollen, mit Sicherheit gute Animateure ihrer Texte sein.


Die gelungene Lesung


Wenn mehrfach vom Gelingen der Lesung und den Kriterien dafür die Rede war, so gilt für die Lesung letztlich, was für jedes Buch gilt: es stellt die Regeln seines Gelingens selbst auf. Zwar gibt es objektivierbare Kriterien, aber die Leistung eines Textes (wie einer Lesung) kann gerade darin bestehen, mit diesen Kriterien zu brechen.
All diese Beschreibungen zusammenfassend läßt sich die Lesung als eine einzigartige Möglichkeit der Erfahrungs-Bildung beschreiben, wobei beide Bestandteile dieses Begriffes gleichermaßen betont sein sollen: Erfahrung der Literatur, ihrer Potentiale, eines beispielhaften Sprechens über kulturelle Gegenstände, das nicht nur positives Wissen vermittelt, sondern auch strukturell bildet, indem es die Formen der künstlerisch gestalteten Sprache und des offenen Dialoges vorführt. Es ist die Aufgabe und der Lohn aller, die an Lesungen beteiligt sind, diese Möglichkeiten zu realisieren.


Thomas Böhm


 


 


 


Fußnoten:
 1 Wie ergiebig, gerade durch ihre interdisziplinären und historischen Ansätze, Arbeiten aus diesem Kontext sein können, belegt beispielhaft Reinhardt Meyer-Kalkus, Stimme und Sprechkünste im 20. Jahrhundert, Berlin 2001; ebenso: Karl-Heinz Göttert: Geschichte der Stimme, München 1998. Siehe aber auch kleinere Arbeiten wie Lothar Müllers Aufsatz über das »Pathos der Monotonie« in der Vortragsweise Peter Huchels, in: Text und Kritik (157) Heft I/2003. Oder Thomas Steinfelds Essay »Dichter Tourismus. Der Schriftsteller und die literarische Dienstreise«, in: Merkur. Zeitschrift für europäisches Denken, Jahrgang 1988, S. 978-987. Eine interessante Materialsammlung zur Geschichte der Lesung bietet die dreibändige Sammlung Dichter lesen, hrsg. von Reinhard Tgahrt. Band I: Dichter lesen. Von Gellert bis Liliencron, Marbach 1984. Band II: Dichter lesen.  Jahrhundertwende, Marbach 1989. Band III: Dichter lesen. Vom Expressionismus in die Weimarer Republik, Marbach 1995.


 2 Ein bezeichnendes Beispiel für die mangelnde wissenschaftliche Auseinandersetzung ist Gérard Genettes Standardwerk Paratexte, das die Lesung nicht zum »Beiwerk des Buches« (so der Untertitel) zählt, obwohl Autoren z.B. in den die Lesungen begleitenden Diskussionen ebensowichtige Aussagen über ihr Schreiben machen wie in den von Genette ausführlich behandelten verschriftlichten Interviews. Vgl. Gérard Genette, Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches, Frankfurt a.M./New York 1989.


 3 In den letzten Jahren sind zwei Handbücher erschienen, die mit einer Vielzahl an praktischen Hinweisen Veranstaltern eine systematische Vorbereitung von Lesungen ermöglichen: Klaus Haag, Lesung und Vortrag. Zu Theorie und Praxis der  öffentlichen Leseveranstaltung, Speyer 2001. Sowie Peter Reifsteck, Handbuch Lesungen und Literaturveranstaltungen, Reutlingen 2. Auflage 2000. Bezeichnenderweise sind diese beiden instruktiven Bücher kaum wahrgenommen worden.


 4 Kulturelle und wirtschaftliche Interessen, die zusammen gesehen werden müssen, was auch die heutige Situation von nichtkommerziellen Lesungsveranstaltern zeigt, die in Zeiten schlechter Haushaltslage den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Lesungen im Auge behalten müssen – wobei wirtschaftlicher Erfolg nichts über das Gelingen von Lesungen aussagt und selbstverständlich nichts über ihren Anspruch.


 5 So geben die in Fußnote 3 genannten Handbücher viele praktische Hinweise zur Organisation von der Lesung, formulieren jedoch kein allgemeineres, avanciertes Verständnis von Lesungen, das meiner Meinung nach nötig ist, um eine Diskussion über die Kulturpraxis Lesung zu führen.


 6 Wobei auch dieses Bedürfnis legitim ist, wie Richard Exner in bezug auf Rainer Maria Rilke ausführt: »Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der Wirkungsgeschichte bekannter Dichter, daß [sie] zahlreichen Lesern unabsichtlich ›Lebenshilfe‹ spenden und daß man sich immer wieder ihrer Werke bedient, um sich aus eigenen Wirren und Verwirrungen herauszuarbeiten.« Richard Exner: »Rilkes ›Marien-Leben‹ – Eine Dichtung der ›Zwischen-Welt‹«, in: Rainer Maria Rilke: Das Marien-Leben, vorgestellt von Richard Exner, Frankfurt a.M. 1999, S. 45-68. h. S. 60.


 7 Ted Hughes, »Innere Musik«, in: ders., Wie Dichtung entsteht, Frankfurt a.M./Leipzig 2001, S. 229-234, h. S. 229.


   8 Ich gehe dabei nicht weiter auf das Moment der Schönheit, des Wohllautes, des Musikalischen, Klanglichen ein, des Erlebens der Sprache während des Vorlesens. Wie groß das Bedürfnis ist, Literatur zu hören, die auf einnehmende Weise gelesen wird, belegt der Erfolg eines Mediums, das wenig anderes bietet als Stimmen, die Texte vortragen. Gemeint ist das Hörbuch, das in den letzten Jahren eine beachtliche Entwicklung genommen hat. Bemerkenswert ist dabei, daß bei den meisten Hörbüchern die stimmliche Darbietung gut ist, während vieles andere, von der Gestaltung des Hörbuchs (Begleittexten, Zugriffsmöglichkeiten auf einzelne Textpassagen, etc.) bis zum Umgang mit den Texten (Streichfassungen, Auswahl der gelesenen Passagen, etc.), sehr nachlässig behandelt wird. Es fehlt also auch hier an einem literarischen Verständnis.


 


Dieser Artikel ist eine stark gekürzte Fassung des Beitrages „Für ein literarisches Verständnis von Lesungen“, in: Thomas Böhm (Hg.) Auf kurze Distanz. Die Autorenlesung: O-Töne, Geschichten, Ideen. Köln (Tropen-Verlag): 2003


 


 


 


 









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Publiziert am: 2004-12-02 (5917 mal gelesen)

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